Infektion Covid-19 Darum trifft Corona Männer stärker

20. März 2020, 12:05 Uhr

Der neue Corona-Virus Sars-CoV-2 infiziert Männer, Frauen und Kinder offenbar gleich häufig. Aber die Auswirkungen sind sehr unterschiedlich. Warum sterben deutlich mehr Männer und erkranken viel weniger Kinder?

Eine aktuelle Auswertung  aus China zur Infektion mit dem Sars-CoV-2 zeigt: Frauen und Männer erkranken ähnlich oft. Aber es gibt einen bedeutenden Unterschied: Männer sterben deutlich häufiger – im Fall der rund 44.000 untersuchten Infizierten gab es 635 Todesfälle bei Männern, 370 bei Frauen. Die Todesrate liegt danach für Männer bei 2,8 Prozent, für Frauen bei 1,7 Prozent.

Auch 2003 starben Männer häufiger als Frauen

Eine ähnliche Entwicklung hatten Wissenschaftler bereits 2003 beim Sars-Ausbruch in Hongkong festgestellt. Auch hier war die Sterblichkeit bei Männern deutlich höher als bei Frauen, so eine Studie, für die ein internationales Forscherteam alle 1.755 Sars-Fälle in Hongkong ausgewertet hatte.

Woran liegt das? Wissenschaftler kennen das von vielen Infektionserkrankungen. Auch bei der Grippe trifft es Männer härter, wie wir spätestens seit der Untersuchung von Dr. Kyle Sue über die "Männergrippe" aus dem Jahr 2017 wissen.

Offenbar ist das weibliche Immunsystem stärker als das von Männern. "Östrogen stimuliert das Immunsystem, Testosteron hingegen unterdrückt es. Das Immunsystem von Frauen reagiert deshalb schneller und aggressiver gegen Krankheitserreger als das von Männern", erklärt Marcus Altfeld vom Heinrich-Pette-Institut in Hamburg. Der Effekt wirkt am stärksten nach der Pubertät bis zur Menopause.  

Männer leben ungesünder

Und Männer leben ungesünder. Das Robert Koch-Institut hat dazu 2014 eine umfangreiche Untersuchung dazu veröffentlicht.  Zitat: "Anhand epidemiologischer Daten kann seit langem konsistent gezeigt werden, dass sich Männer und Frauen in Bezug auf Gesundheit und Krankheit deutlich unterscheiden." Und zwar zuungunsten der Männer.

In China kann man das an einem ausgewählten Beispiel besonders gut erkennen. Für eine Krebsstudie untersuchten Wissenschaftler den Tabakkonsum im Land. Ergebnis: 52,1 Prozent der Männer in China rauchen – aber nur 2,7 Prozent der Frauen. Rauchen schwächt die Lungen. Für eine Infektion, bei der die oberen Atemwege  entzündet sind, also keine gute Idee.

Sind Kinder seltener betroffen?

Die Zahlen der chinesischen Seuchenkommission legen diesen Schluss nahe. Danach waren unter den über 40.000 Infizierten nur rund 400 Kinder unter neun Jahren und rund 500 im Alter zwischen zehn und 19 Jahren. "Ein Grund, warum wir nicht so viele Fälle bei Kindern gesehen haben, ist, dass sie zu Beginn der Ausbrüche geschützt wurden. Eltern hielten Kinder von Kranken fern", so begründete Dr. Nathalie MacDermott vom King's College London die Zahlen gegenüber der BBC.

Eine andere Untersuchung mit 1.7000 Patienten aus der chinesischen Stadt Shenzen zeigt jedoch, dass die Wahrscheinlichkeit sich anzustecken bei Kindern so hoch ist wie bei Erwachsenen.

Das bedeutet: Kinder erkranken seltener an Covid-19 oder wenn, dann mit leichteren Symptomen. Woran das liegt, wissen die Forscher noch nicht. Eine Vermutung ist auch hier das Immunsystem. Anders als bei den Frauen, wo das Hormon Östrogen die Vermehrung spezifischer Immunzellen fördert, wirkt bei Kindern das sogenannte unspezifische System stärker bei der Abwehr der Viren, also der allgemeine Immunabwehrmechanismus.

gp

Die Studien und Quellen

Kinder und Corona, eine Analyse der Fälle in Shenzen – diese Studie ist ein Preprint, wissenschaftlich also noch nicht bewertet.

Die Sars Studie von 2003 können Sie in "Annals of Internal Medicine" nachlesen.

Die im Artikel verwendeten Daten des chinesischen Zentrums für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten (CDC) finden Sie in diesem Bericht.

Die Krebsstudie von 2019 mit den Zahlen zu Rauchern in China.

Der Bericht des Robert Koch-Instituts zur Männergesundheit - hier finden Sie das pdf.